Digital Empathy – Warum ist sie wichtig und wie können wir sie messen?
Mittels Digital Empathy können Unternehmen die Experience ihrer Nutzerinnen zuverlässig und einfach erfassen, um damit digitale Produkte und Services zu optimieren
Key Takeaways:
- Digital Empathy ist zentral, um die kognitiven und emotionalen Erwartungen und Reaktionen der Nutzer digitaler Produkte zu verstehen
- Digitale Differenzierung findet über User Experience statt – über reine Usability hinaus
- Digital Empathy wird eine Kernkompetenz für Anbieter digitaler Produkte und Services – die Messung ist neuartig, aber einfach und skalierbar
Was ist Digital Empathy?
Nutzerinnen interagieren mit Unternehmen sowie deren Marken auf immer mehr digitalen Kanälen. Nutzer bewerten die Leistung der Unternehmer dabei auf unterschiedlichen Ebenen: von der Effizienz und Effektivität – also der Usability – bis zu positiven oder negativen Emotionen und dem Verständnis des Unternehmens für das eigene Anliegen.
Digital Empathy hat zum Ziel, diese Gedanken und Gefühle der Nutzerinnen zu erfassen, während sie mit digitalen Touchpoints interagieren. Dies ermöglicht Unternehmen, eine User Experience mit hoher funktionaler, ästhetischer und hedonischer Qualität zu gestalten.
Dazu benötigen Unternehmen und Mitarbeitende emotionale und kognitive Empathie. Die emotionale Empathie beschreibt das Ausmass, in dem Stimmungen und Gefühle der Nutzer erfasst, verstanden und im Produktdesign und Service aufgegriffen werden. Die kognitive Empathie beschreibt das Ausmass, zu dem Unternehmen verstehen, welche Motivationen und Perspektiven Nutzerinnen haben. Ebenso ist es wichtig zu verstehen, welche und wieviel Informationen die Nutzer in verschiedenen Schritten der User Journey verarbeiten können und wollen.
Warum ist Digital Empathy wichtig?
Die reine Usability digitaler Produkte wird von vielen Usern mittlerweile als selbstverständlich eingestuft. Der alltägliche Gebrauch von Smartphones setzte hier neue Standards.
Produktdifferenzierung findet jetzt über das emotionale Erleben, die User Experience, statt. Die Basisanforderung ist, dass digitale Produkte keine negativen Emotionen wecken: Sie sollen nicht nervig, lästig, verunsichernd oder störend sein. Exzellente Apps schaffen es, positive Emotionen zu wecken: Vorfreude, Neugier, Flow, Entspannung etc.
Wie können wir Digital Empathy (nicht) messen?
Das Verhalten der Nutzerinnen – also wie User die Produkte konkret nutzen und was Sie damit machen – kann gerade bei digitalen Produkten sehr einfach durch Log-File-Daten gemessen werden.
Das Warum – die Emotionen und Gedanken der Nutzer – ist schwerer zu messen. Klassische Befragungen, Fokusgruppen oder Interviews liefern stark verzerrte Daten aufgrund von z. B. Social Desirability Bias oder Interviewer Bias: Nutzerinnen antworten, wie sie denken, dass sie antworten sollen. Interviewerinnen beeinflussen dieses Verhalten bewusst oder unbewusst. Nutzer können sich auch nur verzerrt oder überhaupt nicht an Stimmungen oder Emotionen erinnern.
Dahingegen haben sich objektive Messmethoden aufgrund von Datenverfügbarkeit und maschineller Analysemethoden stark weiterentwickelt (Hahn & Maier, 2018*). Zu nennen sind u. a.:
- Eyetracking – die Erfassung kognitiver Aufmerksamkeit mittels Augenbewegungen
- Facial Coding – das Analysieren von Emotionen mittels Mimik
- Sentimentanalysen – die Auswertung der Emotionen in Texten und Bildern z. B. aus Social Media
- Biometrie – die Erfassung physiologischer Erregung z. B. mittels EEG oder Wearables
Diese Methoden waren bis vor wenigen Jahren sehr teuer und UX Researcher benötigten tiefgehende methodische Erfahrungen. Mittlerweile existieren einfache, standardisierte und integrierte Software-Tools wie z. B. iMotions. Diese können digitale User Experience schnell und effizient messen. Sie liefern Einblicke in Kognition und Emotionen der Nutzer.
So können Sentimentanalysen Nutzeremotionen grosszahlig im Feld messen: Chatbots wie «Frag Magenta» der Deutschen Telekom versuchen, sich an die kognitiven und emotionalen Bedürfnisse der Nutzerinnen anzupassen. In Call Centern werden Voice Analytics eingesetzt, um z. B. Call Taker zu entlasten. Komplexe digitale Produkte wie Analytics Dashboard werden mittels Eyetracking auf ihre Verständlichkeit getestet.
Im Gegensatz zu klassischen Web Analytics oder Befragungsstudien gibt es eine viel grössere Bandbreite an Methoden und KPIs. Ebenso sind die Methoden oft isoliert im Einsatz und es gibt noch kein integriertes Framework der Ansätze und KPIs wie zum Beispiel im Digital Marketing.
Eine Einführung ins Labor für Verhaltensforschung und User Experience (EN: Behavioral Studies and User Experience Laboratory - BeLab). Hier erforschen Wissenschaftlerinnen, Studierende und Praktiker angewandte Fragestellungen in den Bereichen User Experience Research, Market Research und Human Ressource Research.
Wie kann ich Digital Empathy einfach und schnell umsetzen?
Trotz dieser Hürden kann der Einstieg in Digital Empathy einfach und niedrigschwellig erfolgen. So können Lösungen für Remote User Studies wie lookback.io einfach und skalierbar eingesetzt werden. Damit können Nutzer – nach Opt-in – bei Sessions der Nutzung digitaler Produkte beobachtet werden. Bereits die Analyse von fünf solcher Videos zeigt bis zu 75 % der relevanten Usability und UX Insights auf. Hierzu sind weder aufwendige Messmethoden noch Technologien notwendig.
Die TH Nürnberg steht mit ihrer Expertise zu User-Experience-Studien gerne als Sparringspartner zur Verfügung. Das Team unterstützt bei Konzeption, Durchführung und Auswertung von User-Experience-Studien. Ein weiteres Angebot sind Keynotes und Trainings zu UX-Research-Methoden und -Technologien sowie deren Einsatzmöglichkeiten und Einschränkungen.
* Referenzen:
Hahn, A., Maier, M., 2018. Affective Computing - Potenziale für empathisches digitales Marketing, Marketing Review St. Gallen, 35(4), 52-65.
Schon gewusst?
Die BSI Customer Suite bietet eine Plattform für die Umsetzung von Digital Empathy. Mit BSI AI lassen sich die oben beschriebenen Use Cases wie beispielsweise Sentimentanalysen einfach umsetzen. Mittels Künstlicher Intelligenz kann BSI die Stimmung Ihrer Kunden automatisch analysieren – sei es im Social Media Monitoring oder im Beschwerdemanagement.
Über die Themen-Expertinnen und Experten:
Dr. Alexander Hahn ist Professor für Emotional Artifical Intelligence and User Experience Research an der Technischen Hochschule Nürnberg. Er studierte und promovierte in Heidelberg, Mannheim, London und Auckland. Er publizierte in den weltweit führenden Marketing- und Innovationsjournals wie Journal of Marketing, Journal of Marketing Research, Journal of Product Innovation Management und Research Policy. Er führte Projekte zusammen mit Unternehmen wie Adidas, Allianz, Audi, BASF, Bosch, Canon, Elsevier, Deutsche Telekom, HYVE, LEGO, Lufthansa, Porsche oder Vodafone durch. Er gründete und verkaufte Unternehmen und berät Gründer und Vorstände, vor allem in digitalen Branchen.
Dr. Katharina Klug ist Professorin für Wirtschaftspsychologie, insb. Markt- und Kaufpsychologie an der Hochschule Ansbach. Sie studierte und promovierte in Dresden, Kiel und Trento (Italien). Sie forscht und publiziert zu Themen wie Affective Computing und Digital Empathy, Sustainable Consumption und Guerilla-Retail in führenden Fachzeitschriften und referiert auf nationalen und internationalen Marketing-Konferenzen. Sie berät Unternehmen in den Bereichen Market Research sowie Strategisches Marketingmanagement und Communications.
Dr. Florian Riedmüller ist Professor für Marketing an der Technischen Hochschule Nürnberg. Er studierte und promovierte in Nürnberg, München und Austin. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der apparativen Marktforschung, dem Sportmarketing- und Sponsoringmanagement, in denen er gemeinsam mit internationalen Unternehmen Projekte durchführt. Gemeinsam mit Prof. Dr. Jörg Koch ist er Autor des Standardwerks «Marktforschung» in der achten Auflage und publiziert in führenden Fachzeitschriften.
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